Montag, 4. April 2016

19.02. bis 01.03.2016: Vulkan Villarica, Boca Buci und Araukarienwälder

Tags darauf fahren wir nach Villarrica, einem lebhaften und gut besuchtem Urlaubsort am Lago Villarrica. Thomas hat festgestellt, dass der Bügel der Motorhaube abgebrochen ist. Die gestrige Fahrt zu den Thermen hat ihm wohl den Rest gegeben. So machen wir uns auf die zeitaufwändige Suche nach einer Werkstatt, die den Bügel wieder anschweißen kann. Schließlich werden wir auch fündig, der Meister macht sich motiviert an die Arbeit, und nach etwa  einer Stunde ist der Schaden behoben. Allerdings, wie sich kurz darauf herausstellt, nur für knapp zwei Tage, dann bricht das Teil erneut heraus… 
Die Suche nach einem Campingplatz entlang des Südufer des Sees gestaltet sich unerwartet schwierig. Noch ist hier Hauptsaison, und die Preise zum Teil astronomisch hoch (umgerechnet um die 40,- €). Das sind wir nicht bereit, für eine schlichte Übernachtung im Wohnmobil zu bezahlen. So kommen wir bis Pucón am Ostufer des Sees, mit normalen Preisen und gutem Internet.
Abends werden wir von einem Radfahrer auf Deutsch angesprochen. Es ist Rudi aus Bayern, der seit über zwanzig Jahren hier wohnt. Er fragt, ob wir Lust hätten, mit ihm am nächsten Tag eine Wanderung zu einem sehr schönen Aussichtspunkt zu machen von dem man einen fantastischen Ausblick auf den Vulkan Villarica und den man in keinem Reiseführer findet. Er mache dies des öfteren und habe keine festen Preise, er bitte lediglich um eine als angemessen befundene Spende. Wir sagen zu. 

Am nächsten Morgen holt Rudi uns mit seinem Auto ab. Auch Nancy, eine Besucherin aus Nordchile, ist mit an Bord. Als Bewohnerin der Wüstenregion ist sie von dem vielen Grün hier fasziniert. Wir fahren gut eine halbe Stunde aus dem Ort heraus und dann über eine ziemlich schlechte Straße bergauf. Irgendwann hält Rudi an, und nun geht es zu Fuß weiter. Es geht stetig bergan, jedoch auch mit flacheren Passagen, so dass es nicht zu anstrengend wird. Unterwegs erklärt uns der gelernte Forstwirt viel zur Vegetation in dieser Region. Etwa bis vor 16 Jahren wurde hier noch in großem Stil Urwald abgeholzt, dies ist jedoch mittlerweile verboten. Wir kommen an einigen alten Holzschlagplätzen vorbei. Inzwischen gibt es in Chile viele Monokulturen insbesondere mit Eukalyptusbäumen, die später in der Zelluloseindustrie landen. Chile strebt an, der größte Holzexporteur der Welt zu werden… 


Nach etwa zwei Stunden ist dann der erste Höhepunkt der Wanderung, das „Fenster“ erreicht: Hier bietet sich ein wirklich atemberaubender Anblick auf den Vulkan Villarrica mit seiner ständigen Rauchfahne! Drumherum eine unwirkliche Mondlandschaft aus Lavagestein, irgendwo in der Tiefe rauscht ein Wasserfall, und ganz am Rand können wir einen mit dicker schwarzer Vulkanasche überzogenen Gletscher erspähen. 


Solange er vor sich hin qualmt ist er harmlos. Gefährlich wird es erst wenn kein Rauch zu sehen ist.
Doch es geht noch weiter. Rudi will uns noch den Wasserfall aus der Nähe zeigen. Wir gehen einen steilen Hang bergab und kommen schon bald am Wasserfall an. Der hat sich nach dem letzten Vulkanausbruch vor ein paar Jahren eine tiefe Schlucht in das Gestein gegraben, wo es vorher nur ein kleines Bächlein gab. Es rauscht gewaltig. Erstaunlich ist die graubraune Wasserfarbe, die vom aschenüberzogenen Gletscher herrührt, der den Fluß speist. 



Nun geht es wieder zurück. Zum Glück gibt es zwischendurch immer wieder schattenspendenden Wald, die Tour ist doch recht anstrengend. Gegen Abend kommen wir erschöpft, aber glücklich wieder am Campingplatz an. 

Am nächsten Tag geht es weiter nach Temuco, einer größeren Stadt hier in der Region. Laut Reiseführer soll es hier eine deutschsprachige Autowerkstatt geben. Heute, an einem Sonntag,  suchen wir jedoch vergeblich danach. So machen wir uns schon bald auf zu einem Campingplatz etwa 40 km außerhalb in der Stadt, da es in der Nähe offenbar keine besseren Übernachtungsmöglichkeiten gibt. Die Betreiber des Platzes sind Deutsche und Wolfgang ein handwerkliches Allroundtalent. Er schweißt uns am nächsten Morgen den Motorhaubenbügel erneut an, und diesmal hält es auch!

In Temuco setzen wir die Suche nach der Werkstatt fort und werden auch tatsächlich fündig! Aber - welche Enttäuschung! - sie ist noch eine Woche lang wegen Urlaubs geschlossen. 
Da wir uns jedoch diese Gelegenheit, die Schäden am Wagen endlich einmal ohne Google-Übersetzer etc. kommunizieren zu können, nicht entgehen lassen wollen, entschließen wir uns dazu, diese Woche hier in der Umgebung zu überbrücken.

Wir fahren zunächst ans Meer. Bei Puerto Saavedra finden wir einen sehr schön gelegenen Campingplatz in dem winzigen Örtchen Boca Budi. Durch einige Felsen und Dünen vom Meer getrennt, liegt der Platz am äußersten Rand eines ziemlich großen Sees. Hier ist das Wasser endlich einmal warm genug zum Baden! Der Pazifik ist hingegen wild und wellenreich wie so ziemlich überall; dort herrscht Badeverbot. Wir machen eine sehr schöne Wanderung auf dem Steilufer entlang der Küste. Das Wetter ist schön, aber auch sehr windig, wodurch es auf dem Campingplatz insbesondere morgens und abends doch empfindlich kühl wird.

Steilküste bei Boca Audi
Pelikane im Formationsflug
Nach zwei Tagen machen wir uns wieder auf gen Osten. Hinter Curacautín finden wir einen Campingplatz am Salto de la Princesa, einem sehr schönen Wasserfall. Der Platz ist recht klein und liegt direkt an einem wilden Bergbach, der recht laut an uns vorbei rauscht. Nachts wir es sehr kalt, das Thermometer zeigt nur 5 Grad an. Man merkt, dass wir uns hier schon auf gut 1000 Meter Höhe befinden. Am nächsten Tag wagen wir uns auf einen ziemlich abenteuerlichen Weg hoch zum Wasserfall. Der Weg ist nur kurz, hat es aber in sich! Sehr steil geht es bergan, man muss sich schon gut festhalten! Leider lohnte der Aufwand kaum, denn verdeckt durch Pflanzen und Felsüberhänge konnten wir dann doch kaum einen Blick auf den oberen Rand des Wasserfalls erhaschen. 

Wasserfall "Salto de la Princessa"
Den Rest des Tages nutzen wir dann dazu, um mal wieder am Blog weiter zu schreiben. Das machen wir schon seit einer ganzen Weile zunächst offline. Wenn sich dann irgendwo und -wann die Gelegenheit eines guten Internets ergibt, stellen wir die Texte ein und fügen die Fotos hinzu (was der zeitraubendste Teil der Sache ist, da die Ladezeiten meistens extrem lang sind). 

Eigentlich sollte es am nächsten Tag weiter gehen, doch abends im Dunkeln wird Thomas von einem Insekt in die Stirn gestochen. Über Nacht schwillt die obere Gesichtshälfte heftig an, er kann kaum noch aus den Augen gucken und fühlt sich benommen. Evtl. war es eine der Wespen, die hier in großer Zahl herum fliegen, vielleicht aber auch ein anderes Insekt. So verbringen wir noch einen Tag und eine Nacht hier, bis die Schwellung langsam zurück geht und Thomas sich wieder etwas besser fühlt.

Wir fahren noch etwa 30 km weiter östlich zum Vulkan Lonquimay. Wir fahren ein Stück über einen  holprigen Vulkanascheweg am Vulkan entlang, brechen die Tour aber bald aus Sorge um das Auto wieder ab. Einige Quad- und Motorcrossfahrer sind hier unterwegs und düsen mit ihren Maschinen über die ausgedehnten Aschenfelder und Abhänge und ziehen dabei dicke Staubwolken hinter sich her. Im Winter ist dies hier ein sehr beliebtes Skigebiet, wovon die jetzt verwaisten Skilifte  direkt am Vulkan zeugen.

Volcano Lonquimay


Am Fuße des Vulkans liegt ein großer Araukarienwald. Diese urzeitlichen Bäume gibt es schon seit 60 Millionen Jahren in nahezu unveränderter Formt. Hier im Nationalpark finden sich wahre Methusalems unter den Bäumen, gut 50 Meter hoch und bis zu 2000 Jahre alt! 

Araukarien

Wir machen eine sehr schöne Wanderung einen Berg durch dichten Araukarienwald hinauf bis zu einer Ebene, von der man (eigentlich) einen tollen Ausblick auf die umgebenden Berge und Vulkane hat. Leider ist das mittags noch sonnige Wetter nun trübe und leicht regnerisch geworden, so dass die Fernsicht ziemlich eingeschränkt ist. Auf dem Weg dort hin können wir endlich einen der wunderschönen Magellanspechte beobachten. Mit bis zu 36 cm Körpergröße gilt er als die größte Spechtart.

Magellanspecht 
Nach einer Nacht auf dem großen Gelände der gepflegten Ferienanlage „Suizandina“ mit Gästezimmern, Tagungshaus, Campingplatz, Restaurant, Pferden, Lamas, etc., (hier gibt es auch Jobs gegen Kost und Logis für Studenten und Freiwillige) fahren wir wieder Richtung Temuco. Unterwegs besuchen wir den eindrucksvollen Wasserfall „Salto del Indio“. Ein kleiner Wanderwegs führt bis an den Wasserfall heran.

Salto del Indio

Am nächsten Tag können wir endlich die Werkstatt aufsuchen! Der betagte Besitzer, Don Eduardo Schreiber, steht mit seinen 80 Jahren noch jeden Tag zehn Stunden selber mit in der Werkstatt! Er ist für sein Alter erstaunlich fit (nur ziemlich schwerhörig), und verbringt seine Urlaube immer noch per Motorrad. Die Werkstatt hat er 1973 gegründet, und auch seine Mitarbeiter sind zum Teil schon seit 40 Jahren bei ihm beschäftigt. Entsprechend viel Erfahrung sowie eine zwar alte, aber solide Ausstattung mit diversen Maschinen kann man dort vorweisen. Man ist äußerst hilfsbereit. Zum ersten Mal wird unser Wagen über einer Grube von unten begutachtet. Es stellt sich heraus, dass es mehrere „Baustellen“ sind, an denen gearbeitet werden muss: (mach du das, Thomas…)

So machen wir uns dann zu Fuß auf in die Stadt, die sehr voll, laut und hektisch ist. Es herrscht auf allen Wegen und Straßen ein unglaubliches Gedränge, der Lärmpegel ist immens. Die Läden reihen sich oft nach „Themen“ in einem Straßenzug aneinander: So gibt es Straßen mit Geschäften für Auto-Ersatzteilen, mit Möbeln, für holzbeheizte Herde, etc.. 
Gegen 19 Uhr kommen wir ziemlich erschöpft wieder in der Werkstatt an. Das Auto ist jedoch noch nicht fahrbereit, es muss morgen weiter daran gearbeitet werden. Don Eduardo erlaubt uns, dass wir im WoMo auf dem Werkstattgelände übernachten dürfen und bekommen sogar einen Schlüssel für das Tor! Wirklich sehr nett! Nach einem Abendessen in einem bei Einheimischen sehr beliebten Restaurant ganz in der Nähe mit großen Portionen und kleinen Preisen, begeben wir uns zur „Ruhe“. Diese wird uns jedoch kaum zuteil, da die Werkstatt direkt an einer vielbefahreneren Kreuzung liegt.

Ein etwas ungewöhnlicher Übernachtungsplatz
Den nächsten Vormittag verbringen wir erneut in der Innenstadt und erkunden u. a. das ausgedehnte Marktgelände. 

Don Eduardo (2. von rechts) mit seinem Meister
Am Mittag ist es dann endlich vollbracht: Das Auto ist fertig! Der Preis für die 1,5 Werkstatttage ist - wie zumeist üblich in Chile - erstaunlich gering: 115.000,- Pesos möchte Don Eduardo von uns haben (etwa 150,- €). Wir hoffen sehr, dass es das nun erstmal war und der Wagen uns jetzt wieder zuverlässig durch die Lande bringt, ohne dass wir uns Sorgen um ihn machen müssen!


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