Dienstag, 29. März 2016

11.02. bis 16.02.2016: Deutsche Wurzeln, Vulkane und der Pazifik




Nachdem wir in Ancud noch einmal frischen Fisch für das Abendessen erstanden haben, fahren wir wieder zurück aufs Festland. Über die Ruta 5 geht es, vorbei an Puerto Montt, bis kurz vor Puerto Varas. Die Autobahnen sind hier in Chile mautpflichtig, mit streckenabhängigen Preisen. Es kann sein, dass man mal nach kürzen Abschnitten nur umgerechnet kaum 1,-  € bezahlt, nach längeren Strecken können es auch so um die 5,- € sein. Die Bezahlstationen sind unregelmäßig verteilt und haben jeweils feste Preise. Wenn man Pech hat, ist man erst kurz vor einer „teuren“ Station auf die Autobahn aufgefahren und muss trotzdem den hohen Preis bezahlen.

Ab Puerto Varas geht es über eine gut ausgebaute Landstraße am Südufer des Lago Llanquihue entlang. Unterwegs bieten sich bei strahlend blauem Himmel immer wieder schöne Ausblicke auf den 2652 Meter hohen Vulkan Osorno, der mit seiner verschneiten Haube ein wenig an den Fujiyama in Japan erinnert.


Am späten Nachmittag erreichen wir den Campingplatz bei Las Cascadas am Ostufer des großen Sees. Hier treffen wir Chris, die Wiedersehensfreude ist groß!

Der Campingplatz liegt direkt am See und hat einen breiten Stand aus Lavasand. Hier herrscht reges Treiben. Da wir erstmal essen wollen, verschieben wir ein Bad auf später. Die falsche Entscheidung, wie sich noch herausstellen sollte. Auf der anderen Seite des Platzes blickt man direkt auf den Vulkan Osorno. Den wollen wir uns in den nächsten Tagen aus der Nähe ansehen, man kann ziemlich weit mit dem Auto hinauf und dann noch mit einer Seilbahn weiter hoch fahren.

Doch aus unseren schönen Plänen wird leider nichts. Schon gegen Abend wird es windig, nachts wächst sich das zu einem richtigen Sturm aus. Am nächsten Morgen ist alles mit dichten Wolken verhangen und die Temperatur deutlich gefallen. Immer wieder regnet es zwischendurch. Der Vulkan ist nicht einmal mehr zu erahnen, so tief hängen die Wolken! Leider bleibt es so während der nächsten drei Tage, so dass wir weder den Vulkan erklimmen noch ein Bad im See nehmen können.

Morgens entdeckt Elke einen seltsamen dünnen, langen Zweig, der unter dem Dachfenster am Eingang hängt. Das kommt ihr merkwürdig vor, wie sollte der dort hingekommen sein? Und tatsächlich: Nach näherer Begutachtung stellt sich heraus, dass dies keineswegs ein Zweig sondern ein Insekt ist! Eine Stabheuschrecke (oder auch Gespensterschrecke) hat die Nacht bei uns verbracht! Vorsichtig bringen wir das etwa 20 cm lange Tier nach draußen, wo wir es noch eine ganze Weile beobachten. Wirklich erstaunlich, welche Tarnungen die Natur hervorgebracht hat!



Den trüben Tag vertrödeln wir auf dem Campingplatz mit reden, spielen und essen, immer in der Hoffnung auf Wetterbesserung. Die stellt sich jedoch nicht ein.
Am nächsten Tag wartet dennoch ein schönes Erlebnis auf uns: Nicht weit entfernt beginnt ein Wanderweg durch eine wild-romantische Schlucht, entlang an einem munteren Bergbach, zu einem großem, etwa 70 Meter hohen Wasserfall. Sowohl der Wasserfall selber als auch der Weg dorthin durch regenwaldähnliche Vegetation sind absolut sehenswert!




Auf dem Rückweg stoßen wir auf ein Schild, auf dem „Oma Rosa“ ihre Kuchen und Marmeladen anpreist. Da können wir natürlich nicht widerstehen! „Kuchen“ ist übrigens von deutschen Einwanderern in die chilenische Sprache und Esskultur eingeführt worden. Man findet leckere Angebote allerorten. Die Mehrzahl lautet hier jedoch „kuchenes“. 


Am folgenden Tag verabschieden wir uns wieder von Chris und fahren weiter rund 100 km bis Osorno, einer größeren Stadt selben Namens wie der Vulkan. Die in Sonntagsruhe befindliche Stadt selber macht keinen allzu attraktiven Eindruck. Allerdings stoßen wir hier auf einen riesigen Supermarkt mit einem wahrhaft beeindruckendem Warenangebot! Hier gibt es wirklich alles (was ansonsten, vor allem im Süden des Landes, alles andere als selbstverständlich ist)! Und am erstaunlichsten: Man findet unglaublich viele deutsche Produkte in den Regalen, von Bier (sogar Dithmarscher!) über Marmelade, bis Einmachhilfen. Sogar deutsches „Landbrot“ wird in der Supermarktbäckerei gebacken! Davon erstehen wir eines (nach vier Monaten Weißbrot), sowie - unser bester Fang! - zwei Pfund Tchibo-Kaffee! Man sollte es kaum glauben, aber in Chile ist in den meisten Läden kein gemahlener Röstkaffee erhältlich. Hier trinkt man nahezu ausschließlich Instantkaffee!
Es gab und gibt im Großraum Osorno sehr viele deutsche Einwanderer, die dieses Warenangebot offenbar genauso wie wir zu schätzen wissen.


Im Einkaufszentrum geben wir unsere Wäsche in einer Wäscherei ab (die Läden haben in dieser Mall auch am Sonntag bis 22 Uhr geöffnet, wir sollen die Wäsche um 21 Uhr abholen) und müssen nun die Wartezeit irgendwie überbrücken. In der Touristeninfo hat man uns von einem Folklorefestival berichtet, das an diesem Wochenende hier stattfindet. Dort fahren wir hin.Am Eingang erwartet uns wieder das übliche Angebot an Kunsthandwerk. Dann kommt die Freßmeile, wo wir uns erstmal sattessen. Leider waren nicht mehr alle Speisen vorrätig:


Auf der Festwiese ist eine große Bühne aufgebaut. Bald tritt die erste Gruppe auf. Es wird von etwa zehn Musikerinnen und Musikern live musiziert und gesungen. Die ungefähr genauso große Tanztruppe zeigt dazu traditionelle Tänze, in denen ein weißes Taschentuch, welches alle Tänzer herumschwenken, immer eine Hauptrolle spielt. Es geht sehr lebhaft zu. 
Man möchte auch einige spezielle Tänze zeigen und kommt dazu auf die Wiese vor der Bühne herunter. Zunächst geht es darum, eine aufrecht stehende Flasche immer wieder eng zu umtanzen und überspringen, die Flasche darf dabei nicht umfallen. Dies geht auch ziemlich lange gut! Sehr lustig ist auch ein Tanz, bei dem den letzten Tänzer einer längeren Schlange ein Streifen Zeitungspapier hinten in den Hosenbund gesteckt wird. Ein anderer Tänzer versucht, das Papier mit einer Öllampe anzuzünden. Die Schlange versucht natürlich, dies durch gewitzte Ausweichmanöver zu verhindern. Die Musik wird dabei immer schneller. Das war wirklich sehr lustig, zumal die beiden „Haupttänzer“ echtes komödiantisches Talent hatten!


Schließlich fordern alle Mitglieder der Gruppe jemanden aus dem Publikum zum Mittanzen auf. Thomas kann sich nicht wehren und muss mit auf die Wiese. Auch er wird mit dem obligatorischen weißen Taschentuch ausgestattet, und los geht’s! Er macht seine Sache wirklich gut und wird später noch mehrfach von Passanten angesprochen, wie toll er getanzt hat!


Am nächsten Tag fahren wir weiter an die Pazifikküste nach Bahia Mansa. In dem kleinen Fischerort wird gerade frisch geräucherter Sierra (eine Art große Makrele) aus dem Ofen geholt, und wir lassen uns diesen gemeinsam mit unserem deutschen Landbrot schmecken.



Wir fahren ein Stückchen an der Küste entlang. Von der recht hoch gelegenen Küstenstraße bieten sich immer wieder schöne Ausblicke auf das Meer. Wir finden schließlich einen Campingplatz an einem Fluß im Hinterland, von dem aus man in kaum zehn Minuten an den Strand laufen kann. Das Wetter ist endlich wieder warm und sonnig, und so verbringen wir den Nachmittag am Strand und lauschen dem ewigen Rauschen der gewaltigen Wellen. Zum Baden ist es uns jedoch zu kalt und zu gefährlich hier bei der reißenden Strömung. Nur einige wenige Mutige trauen sich ganz am Uferbereich hinein. 


Am Abend kehren wir noch einmal hierher zurück und beobachten den Sonnenuntergang.


Donnerstag, 10. März 2016

05.02. bis 11.02.2016: Auf der Insel Chiloé

Am Abend setzen wir mit einer kleinen Fähre in etwa 20 Minuten nach Chiloé über. Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir dann einen Campingplatz in der Nähe von Ancud im Norden der Insel. 

Chiloé ist die größte Insel Chiles und hat ihre ganz eigene Kultur. Besonders die mit Holzschindeln verkleideten Kirchen aus dem 19. Jahrhundert sind etwas ganz Besonderes. Etwas über einhundert dieser Bauten existieren noch auf der Insel. 16 der schönsten von ihnen wurden zum Weltkulturerbe erklärt. Leider waren viele der kleineren Kirchen am Wegesrand verschlossen, aber einige der größeren Kirchen waren auch von innen wirklich beindruckend.




Überhaupt wird noch viel mit Holzschindeln gebaut und so haben hier die Häuser ihren ganz eigenen Stil. 



Auch der Fogón, eine Art Grillhütte, ist hier ein typisches Bauwerk. Es hat nur  etwa Zimmergröße und kann quadratisch bis achteckig sein. In der Mitte ist eine viereckige Feuerstelle in den Boden eingelassen, darüber ist ein Dachausschnitt mit einer vier- bis mehreckigen Haube - je nach Grundriss des Hauses - als Rauchablass installiert. In früheren Zeiten war der Fogón kein separates Gebäude, sondern der Mittelpunkt innerhalb der recht bescheidenen Hütten der Insulaner. 

Am nächsten Tag schlendern wir zunächst durch Ancud, am Hafen entlang und besuchen auch das sehr interessante Museum mit vielen Exponaten zur Inselgeschichte.

Von Ancud aus machen wir uns auf dem Weg nach Puñihuil. Dort finden wir einen tollen breiten Strand in einer Bucht vor. Der Strand ist voll mit Autos, in zwei langen Reihen wird direkt auf dem Sand geparkt. Viele kleine Boote starten von hier zu einer etwa einstündigen Tour zu ein paar kleinen vorgelagerten Inseln, auf denen man Pinguine und Seelöwen beobachten kann. 



Gegen Abend sehen wir Einheimische, die eine bestimmte Sorte Seetang in großen Säcken sammeln. Später auf den Märkten sehen wir den Tang getrocknet und zu quaderförmigen Blöcken gepresst wieder. Es soll ein Bestandteil bei der Zubereitung von Suppen sein. Auch lange Schnüre mit - wie wir zunächst denken - Datteln sehen wir immer wieder auf den Fischmärkten. Aber mitnichten: Dies sind getrocknete Muscheln! Wir haben von einer Kostprobe dieser beiden Inselspezialitäten Abstand genommen.


Hier bleiben wir über Nacht, stellen das Auto aber auf einen höher gelegenen Parkplatz eines Restaurants ab. Von dort haben wir einen fantastischen Blick über die Bucht und einen wunderschönen Sonnenuntergang. Abends waren wir fast alleine dort. Die Tagesgäste hatten den Strand abends bei Hochwasser wieder verlassen, was auch notwendig war, denn das Wasser überflutete den Strand fast vollständig.


Am nächsten Mittag haben wir dann auch eine Bootstour mitgemacht. Die Gäste werden etwa zu zehnt auf einem hohen Metallkarren von zwei bis drei starken Männern bis zum im flachen Wasser liegenden Boot geschoben, wo man dann bequem umsteigt. Eine kräftezehrende Angelegenheit. Da konnte man schon vom bloßen Zuschauen ins Schwitzen kommen! Zurück ging es später auf die selbe Weise.


Auch, wenn wir in Argentinien schon deutlich mehr Magellan-Pinguine, Kormorane und Seelöwen gesehen hatten als hier, war es ein Erlebnis, sich den Tieren einmal von der Wasserseite aus zu nähern. Außerdem gab es hier auch ein paar Humboldt-Pinguine, die wir zuvor noch nicht gesehen hatten. Und Thomas hat später auch Pelikane entdeckt, mit denen wir in diesem Teil der Erde gar nicht gerechnet hatten.

Wir fahren weiter bis Dalcahue. Dort findet gerade ein riesiger Kunsthandwerkermarkt statt. Es werden sehr viele (leider für unseren europäischen Geschmack zumeist nicht besonders attraktive) Stricksachen, Wolle und viele Korb- bzw. Gräserflechtwaren angeboten. Diese Gräser wachsen nur hier auf der Insel und das Flechthandwerk hat eine lange Tradition.



Später kehren wir in einem sehr stylischen Café ein (ungewöhnlich hier, da auch Restaurants  etc.  meist nur sehr einfach eingerichtet sind), wo man uns monströs große Tortenstücke serviert. Wir schaffen beide unsere Portion nicht, es ist einfach zu viel des Süß-Cremigen. 


Mit der Fähre setzen wir auf eine kleine Insel über und fahren bis Anchao. Dort herrscht viel Trubel, und schon vom Campingplatz aus ist Musik zu hören. Ganz in der Nähe findet hier ein großes Volksfest statt. Auf der Bühne werden Volkstänze und traditionelle Musik dargeboten. Im Eingangsbereich gibt es wieder einen Kunsthandwerkermarkt. Hier erstehen wir bei einer Korbflechterin einen sehr schönen großen Korb. Weil sie nicht genügend Wechselgeld hat, nötigt sie uns dann statt dessen noch eine weitere, sehr schöne, große Schale auf. Wir zögern erst wegen des begrenzten Stauraums im Auto, können dann aber doch nicht widerstehen. Und es passt hinterher auch alles ins Auto.
An einer anderen Stelle wird gerösteter Weizen wie zu Urzeiten zwischen Steinen von Hand gemahlen. Daraus entstehen später frittierte Fladen. 



Eine weitere Spezialität ist ein Gebäck, dass in Geschmack und Konsistenz unseren Kartoffelpuffern sehr nahe kommt. Der Teig wird jedoch rund um eine riesige, nudelholzartiges Holzstange verteilt, fest angedrückt und dann langsam über einer Holzkohlenglut und unter ständigem Drehen  geröstet. Später kommt noch eine undefinierbare, salzige, aber leckere Beilage hinzu. Das Ganze hat sehr gut geschmeckt, war aber auch extrem fettig!


Auch Anticuches haben wir hier zum ersten Mal probiert. Das ist die chilenische Schaschlik-Variante, mit Fleisch- und Bratwurststücken und - Gemüse ist gesund! - ein paar winzigen  Zwiebelstückchen. Man soll es mit dem Grünzeug ja auch nicht übertreiben. Das Ganze grille man sehr, sehr langsam über einer fast erkalteten Holzkohlenglut (sofern einem die Kohlen bereits ausgegangen sind) und besprenge es gelegentlich mit Salzwasser. Wir haben extrem lange auf unsere kleinen Spießchen warten müssen, was aber wohl hauptsächlich am nicht mehr ganz nüchternen Grillmeister lag. 

Am nächsten Tag ging es wieder zurück auf die Hauptinsel und nach Castro, welches der größte Ort hier auf Chiloé ist. Entsprechend voll war es dann auch. Beeindruckend war auch hier wieder der hölzerne Dom, der von außen gelb angemalt ist und lila (!) Türme hat. Innen war das Holz hingegen naturbelassen, ein seltsamer Kontrast zur geradezu schrillen Fassade.


Eine weitere Besonderheit des Ortes sind die „Stelzenhäuser“, ehemalige Fischhütten direkt am Wasser. Die Fischer konnten mit ihren Booten tideunabhängig bis direkt ans Haus fahren.


Von hier aus ging es in den Westen der Insel in den Nationalpark Chiloé direkt am Pazifik. Der Campingplatz liegt versteckt in einem Waldgebiet an einem See, dem Lago Cucao. Von hier aus wanderten wir am Abend zum Meer, was deutlich länger dauerte, als erwartet, da der Stand hier unglaublich lang und breit ist. Von den letzten Dünen bis zu den Wellen war es gut und gerne noch einen Kilometer weit! So einen weiten Strand hatten wir bislang noch nirgendwo anders auf unseren Reisen gesehen.



Direkt am Campingplatz startet ein kleiner Wanderweg über Holzbohlen durch die hiesige sehr spezielle Vegetation. Der Bewuchs änderte sich immer wieder, von urwaldmäßig-undurchdringlich -tiefgrün zu sumpfig-moorigen, lichten Abschnitten. Eine wirklich beeindruckende Wanderung!



Danach ging es in den Süden der Insel bis Quellón. Von hier aus wollen wir mit der Fähre Richtung Osten nach Chaitén fahren, um dann doch noch ein Stückchen auf der zuvor wegen der Fährfahrt nach Puerto Montt größtenteils verpassten Carretera Austral mit ihren vielen schönen Nationalparks wieder nordwärts fahren zu können.
Der Campingplatz in Quellón bietet eine wunderbare Aussicht auf die Bucht und die hohen Vulkane auf dem Festland auf der anderen Seite. Hier haben wir leckeren frischen Lachs gebraten und ein köstliches Abendessen genossen.


Der nächste Tag bringt dann eine herbe Enttäuschung: Die Fähre nach Chaitén, die während der Hauptsaison (!) nur 2-3 mal wöchentlich fährt, ist bis auf weiteres für Fahrzeuge ausgebucht. Frühestens in zehn Tagen könnten wir mitfahren. Das ist uns dann doch zu viel der Wartezeit und die Carretera Austral muss auf uns verzichten (was vielleicht nicht das Schlechteste für unser Auto ist). 


Durch Zufall haben wir erfahren, dass auch Chris, die wir ganz zu Anfang der Reise auf der Halbinsel Valdéz in Argentinien kennengelernt hatten, gerade auf Chiloé ist, jedoch morgen schon weiter fährt. Wir verabreden uns für den nächsten Tag auf einem Campingplatz rund 80 km nordöstlich von Puerto Montt. 

31.01. bis 05.02.2016: In und um Puerto Montt herum

Der folgende Tag ist ein Sonntag, so dass wir nicht viel Organisatorisches bereißen können und uns die Stadt ansehen. Die Uferpromenade wird von einer wirklich riesigen chilenischen Flagge dominiert. Sie hat wohl die Ausmaße eines Volleyballfelds. Hier steht auch ein Denkmal für die ersten deutschen Siedler, die Mitte des 19. Jahrhunderts hierher kamen. 


Die ersten deutschen Siedler werden begrüßt
Es gibt hier einen großen Kunsthandwerkermarkt mit vielerlei Strick- und Holzwaren, aber auch viel Tand. Und dann entdecken wir eine Markthalle, in der endlich auch frischer Fisch verkauft wird! Den hatten wir ja schon lange nirgendwo entlang der argentinischen Küstenorte bekommen können und schlagen natürlich gleich zu.

Fische und Meeresfrüchte in Mengen

Am nächsten Tag suchen wir zunächst eine Nissan-Werkstatt auf. Die Verständigung mit dem Annahme-Meister im weißen Hemd, der kein Englisch spricht, ist nicht einfach, und auch der Google-Übersetzer liefert häufig nur Kauderwelsch. Mit viel Zeit und Mühe vereinbaren wir, dass einige Risse im Bereich des vorderen Chassis geschweißt werden sollen. Wir sollen dafür am nächsten Tag wieder kommen. 

Anschließend fahren wir zur hiesigen Uniklinik, an der es einen Zahnarzt gibt, der auch Englisch spricht. Dr. Rosales diagnostiziert eine recht ausgedehnte Wurzelkaries und meint, dass eine Wurzelbehandlung nötig ist. Er werde insgesamt drei Termine für die Behandlung benötigen. Auch eine professionelle Zahnreinigung soll er bei dieser Gelegenheit machen. Es wird alles im Laufe dieser Woche stattfinden, denn danach geht er in Urlaub.


Wir kaufen in der Markthalle wieder frischen Fisch und geraten in eine Demo der Marktfrauen, die ihren Forderungen mit in Brand gesetzten alten Gummireifen Nachdruck verleihen. Im ersten Augenblick wirkt die Szenerie mit den brennenden Reifen und dem dicken schwarzen Qualm bedrohlich, aber die Feuerwehr ist schnell zur Stelle, die Polizei steht gelassen daneben und Touristen und Straßenhändler betrachten das Ganze eher als großes Gaudi.

Brennende Autoreifen statt Trillerpfeifen und bunten "Verdi"-Fähnchen"
Gegen Abend fahren wir nach Puerto Varas, einem sehr beliebten Urlaubsort etwa 20 km nördlich von Puerto Montt und campieren dort auf einem Parkplatz direkt am See. 

Puerto Vargas mit dem Vulkanen Osorno und Calbuco
Die nächsten Tage sind geprägt von mehreren Werkstatt- und Zahnarztbesuchen. Beide „Baustellen“ kommen langsam voran. Zwei Nächste verbringen wir - ohne Kotflügel, der zum Lackieren in der Werkstatt geblieben ist - auf einem Campingplatz am Rande des Nationalparks Alerces. Dort treffen wir Dave und Meryl aus England, die schon seit vielen Jahren mit ihrem selbstausgebauten Wohnmobil auf Tour sind. Dave ist passionierter Auto-Bastler und kann uns noch einige Tipps für unser Fahrzeug geben. 

Dave und Meryl mit ihrem Steyr-Puch
Am Freitag hat Elke ihre letzte Zahnarztbehandlung. Diesmal dauert es geschlagene drei Stunden! Nach der Hälfte bittet sie um eine kleine Pause, die auch der Arzt gut gebrauchen kann. Er kann und kann den 3. Wurzelkanal einfach nicht finden und vermutet, dass dieser verknöchert ist. Irgendwann ist es jedoch überstanden. Dr. Rosales hat seine Sache gut gemacht, die Zahnschmerzen sind nun endlich Vergangenheit! 

Den Nachmittag verbringen wir bei schönstem Sommerwetter auf der Isla Tengo vor Puerto Montt.  Kleine Fähren setzen die Passagiere für umgerechnet etwa 1,- € in kaum zehn Minuten zur Insel über. Leider haben wir kein Badezeug dabei, denn das Wasser ist hier in der geschützten, flachen Bucht gar nicht mal so kalt! Wir beobachten einige Insulaner dabei, wie sie getrocknetes Seegras schubkarrenweise nach Hause transportieren. Leider wissen wir nicht, wozu es benutzt wird. Vielleicht als Matratzenfüllung oder als Viehfutter?


Um 18 Uhr können wir dann endlich auch unser Auto aus der Werkstatt abholen. Wir machen uns gleich auf den Weg nach Chiloé, der größten Insel Chiles, etwa 60 km südwestlich von Puerto Montt.  

21.01. bis 30.01.2016: Durch das südliche Chile und entlang der Carretera Austral

Nur vier Kilometer hinter Los Antiguos passieren wir den Grenzübergang nach Chile. Hier nimmt man es mit den Lebensmittelkontrollen sehr genau, einige Fahrzeuge werden regelrecht gefilzt. Das bleibt uns zum Glück erspart, wir haben unsere „verbotenen Waren“ schon vorsortiert, was dem Zöllner offenbar ausreicht. So landen ein paar frische Zwiebeln, eine Bananen, Knobi und kleines Stück Speck in der Mülltonne. Zuvor wird jedes Teil akribisch in einer Liste erfasst! Diesmal haben wir das meiste Frische rechtzeitig vor der Grenze aufgegessen und nur einige „Alibi-Waren“ für den Zoll übrig gelassen.

Nur wenige Kilometer hinter der Grenze liegt Chile Chico, wo wir Station machen. Chile Chico (Klein Chile) hat etwa 2000 Einwohner und liegt sehr schön am Lago General Carrera, wie der Lago Buenos Aires hier auf der chilenischen Seite genannt wird. Er ist nach dem Titikakasee der zweitgrößte See Südamerikas und zieht sich über eine Länge von 180 km hin. 


Wir finden am Ortseingang einen netten Campingplatz und beschließen, hier ein paar Tage zu bleiben. Allerdings ahnten wir nicht, dass in der Stadt gerade Festwoche war und der Festplatz sich direkt hinter dem Campingplatz befand. Abends gegen 22:30 Uhr setzte plötzlich ein ohrenbetäubender Lärm ein. Jemand hatte die Musikanlage auf volle Lautstärke gedreht. Soundcheck für das am morgigen Tag beginnende Festival. Am nächsten Abend entschieden wir uns mit eigenen Augen das Spektakel anzusehen und -hören. Besser als mit Ohrstöpsel auf dem Campingplatz zu bleiben. Eine mexikanische Kapelle mit Sängerin heizte dem Publikum mit südamerikanischen Klängen ein. 

Fiesta mexicana in Chile Chicko
Am nächsten Tag sollte es weitergehen. Davor wollten wir aber noch ein chilenisches Rodeo besuchen. Das Rodeo findet in einer runden Arena statt, welches durch einer halbkreisförmigen Palisade geteilt wird (Medialuna = Halbmond). Jeweils zwei Reiter müssen nun einen hereingelassenen Stier durch die Arena treiben. wobei einer der Reiter von hinten das Tier vorantreibt und der zweite Reiter verhindern muss, dass der Stier seitlich ausbricht. Nachdem so mehrere Runden in der Arena gedreht wurden, versucht einer der Reiter das Tier mit der Brust seines Pferden umzustossen. Gelingt es ihm, gibt es Beifall vom Publikum. Punktrichter bewerten dann Haltung und Stil von Reiter und Pferd.



Es gibt auch noch größere Sporen!!!
Auf einem abgelegenen Campingplatz ausserhalb der Stadt übernachteten wir und machten uns dann auf dem Weg zur Carretera Austral, die berühmt-berüchtigte ca. 1200 km lange Strasse, die den Süden Chiles mit dem Rest des Landes verbindet. Berüchtigt, weil sie zum großen Teil noch aus Schotterpiste besteht. Aber erst einmal geht es am Südufer des Lago General Carrera entlang Eine Schotterpiste schlängelt sich mit teils abenteuerlichen Kurven an steil abfallenden Hängen den See entlang. Immer wieder bieten sich grandiose Ausblicke.



Bei einem Fotostopp entdecken wir, dass ein Reifen Luft verliert. Die zweite Reifenpanne! Allerdings haben wir sie zum Glück noch rechtzeitig bemerkt und so den Reifen noch retten können. 

Tägliches Krafttraining
In Puerto Tranquilo machen wir einen Bootsausflug zu den berühmten Marmorhöhlen. Das sind bizarre Felsformationen und -höhlen, die durch Wellengang ausgewaschen wurden. Sehr schön und beeindruckend. Ein großer Fels im Wasser, die Kathedrale genannt, war so unterspült, dass man an vielen Stellen durchsehen konnte. Er wurde nur noch von einer Vielzahl von Säulen getragen.





Weiter geht es durch eine sehr beeindruckende Landschaft. Die Carretera Austral ist häufig nur eine schmale Gasse, links und rechts wuchert regenwaldähnliche Vegetation. Besonders die riesigen Blätter eines rhabarberähnliches Gewächses sind beeindruckend! Kaum zu glauben, dass diese Straße die Hauptverbindungsader für den Süden Chiles ist.

Hauptverkehrsader im Süden von Chile
Wir merken schnell, dass Straßenbau ein großes Thema in Chile ist. Immer wieder treffen wir auf Baustellen. Die Carretera wird zur Zeit ausgebaut und dabei riesige Erdmassen bewegt. Einmal müssen wir wegen Sprengarbeiten vor einer Absperrung zwei Stunden lang auf die Weiterfahrt warten. Beeindruckend ist, wie sich die Baggerfahrer auf hohen, steilen Abhängen sicher mit ihren Maschinen bewegen, man fürchtet immer, dass sie gleich abstürzen könnten…


Am Abend erreichen wir das Gebiet am Cerro Castillo, einer sehr beeindruckenden Bergformation mit vielen Zinnen und Türmchen. Der Campingplatz biete einen wunderbaren Panoramablick auf den Berg. 

Cerro Castillo

Hier in der Nähe, am Rande eines hübschen Flusstals, befinden sich auch „Cuevas de los manos“, also Höhlen bzw. Felsvorsprünge mit vieltausendjährigen Handabdrücken und Malereien der hiesigen Ureinwohner. Allerdings ist es hier deutlich kleiner als in der Höhle in Argentinien, so dass die Besichtigung recht schnell wieder vorbei ist. 

Die Cuevas de los manos
Unsere nächste Station ist Cohaique, eine geschäftige, mittelgroße Stadt. Der gepflegte Campingplatz am Stadtrand, mitten im Grünen an einem kleinen Fluß, bietet den Luxus von warmen Duschen und eines guten Internets. Hier verbringen wir drei Tage und arbeiten weiter an unserem Blog. 

Weiter geht es nach Puerto Aysen. Elke wird ja schon die ganze Reise über immer wieder von Zahnschmerzen geplagt. Nun wird es deutlich schlimmer, und auch das Auto quietscht und klappert laut, so dass wir beschließen, auf den Rest der für Mensch und Maschine beschwerlichen Carretera Austral zunächst zu verzichten und per Fähre von Chacabuco bis Puerto Montt zu fahren. Wir haben großes Glück und können noch auf der am selben Abend startenden Fähre mitfahren. Eigentlich soll sie um 19:30 Uhr ablegen. Aber bis wirklich alles - inclusive mehrerer Viehtransporter - verladen ist, ist es schon nach 23 Uhr, bis es endlich losgeht. Die Fahrt soll 24 Stunden dauern.


Am nächsten Tag ist schönstes Wetter, so dass wir viel Zeit an Deck verbringen können. Steuerbords ziehen Berge, Vulkane und Gletscher langsam an uns vorbei, zur Linken wird das Bild von Inseln und dem offenen Meer geprägt. Wir können alles in Ruhe geniessen, weil die Fähre wirklich seeehr langsam unterwegs ist. Gegessen wird zu festen Zeiten, es gibt für alle die selbe einfache, aber sättigende Kost, ein Nachschlag ist nicht eingeplant. Die Mahlzeiten sind im Fährpreis inclusive. Ansonsten gibt es an Bord keinerlei Verkauf von Snacks oder Erfrischungen, und auch der Genuss von Alkohol ist, wie uns der Film mit Sicherheitshinweisen zu Reisebeginn erläuterte, an Bord verboten. 





Die Fähre holt die am Abfahrtsabend verlorene Zeit nicht wieder ein und muss in Puerto Montt noch eine ganze Weile auf das Anlegen warten. Da wir mit unserem Auto ganz hinten unten im Frachtraum stehen, sind wir so ziemlich die letzten, die von Bord rollen können. Um 02:38 Uhr haben wir wieder festen Boden unter den Rädern…. Wir irren noch ein Weilchen durch die schlafende Großstadt, bis wir eine Tankstelle finden, wo wir den Rest der Nacht zwischen parkenden LKW verbringen.