Donnerstag, 10. März 2016

05.02. bis 11.02.2016: Auf der Insel Chiloé

Am Abend setzen wir mit einer kleinen Fähre in etwa 20 Minuten nach Chiloé über. Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir dann einen Campingplatz in der Nähe von Ancud im Norden der Insel. 

Chiloé ist die größte Insel Chiles und hat ihre ganz eigene Kultur. Besonders die mit Holzschindeln verkleideten Kirchen aus dem 19. Jahrhundert sind etwas ganz Besonderes. Etwas über einhundert dieser Bauten existieren noch auf der Insel. 16 der schönsten von ihnen wurden zum Weltkulturerbe erklärt. Leider waren viele der kleineren Kirchen am Wegesrand verschlossen, aber einige der größeren Kirchen waren auch von innen wirklich beindruckend.




Überhaupt wird noch viel mit Holzschindeln gebaut und so haben hier die Häuser ihren ganz eigenen Stil. 



Auch der Fogón, eine Art Grillhütte, ist hier ein typisches Bauwerk. Es hat nur  etwa Zimmergröße und kann quadratisch bis achteckig sein. In der Mitte ist eine viereckige Feuerstelle in den Boden eingelassen, darüber ist ein Dachausschnitt mit einer vier- bis mehreckigen Haube - je nach Grundriss des Hauses - als Rauchablass installiert. In früheren Zeiten war der Fogón kein separates Gebäude, sondern der Mittelpunkt innerhalb der recht bescheidenen Hütten der Insulaner. 

Am nächsten Tag schlendern wir zunächst durch Ancud, am Hafen entlang und besuchen auch das sehr interessante Museum mit vielen Exponaten zur Inselgeschichte.

Von Ancud aus machen wir uns auf dem Weg nach Puñihuil. Dort finden wir einen tollen breiten Strand in einer Bucht vor. Der Strand ist voll mit Autos, in zwei langen Reihen wird direkt auf dem Sand geparkt. Viele kleine Boote starten von hier zu einer etwa einstündigen Tour zu ein paar kleinen vorgelagerten Inseln, auf denen man Pinguine und Seelöwen beobachten kann. 



Gegen Abend sehen wir Einheimische, die eine bestimmte Sorte Seetang in großen Säcken sammeln. Später auf den Märkten sehen wir den Tang getrocknet und zu quaderförmigen Blöcken gepresst wieder. Es soll ein Bestandteil bei der Zubereitung von Suppen sein. Auch lange Schnüre mit - wie wir zunächst denken - Datteln sehen wir immer wieder auf den Fischmärkten. Aber mitnichten: Dies sind getrocknete Muscheln! Wir haben von einer Kostprobe dieser beiden Inselspezialitäten Abstand genommen.


Hier bleiben wir über Nacht, stellen das Auto aber auf einen höher gelegenen Parkplatz eines Restaurants ab. Von dort haben wir einen fantastischen Blick über die Bucht und einen wunderschönen Sonnenuntergang. Abends waren wir fast alleine dort. Die Tagesgäste hatten den Strand abends bei Hochwasser wieder verlassen, was auch notwendig war, denn das Wasser überflutete den Strand fast vollständig.


Am nächsten Mittag haben wir dann auch eine Bootstour mitgemacht. Die Gäste werden etwa zu zehnt auf einem hohen Metallkarren von zwei bis drei starken Männern bis zum im flachen Wasser liegenden Boot geschoben, wo man dann bequem umsteigt. Eine kräftezehrende Angelegenheit. Da konnte man schon vom bloßen Zuschauen ins Schwitzen kommen! Zurück ging es später auf die selbe Weise.


Auch, wenn wir in Argentinien schon deutlich mehr Magellan-Pinguine, Kormorane und Seelöwen gesehen hatten als hier, war es ein Erlebnis, sich den Tieren einmal von der Wasserseite aus zu nähern. Außerdem gab es hier auch ein paar Humboldt-Pinguine, die wir zuvor noch nicht gesehen hatten. Und Thomas hat später auch Pelikane entdeckt, mit denen wir in diesem Teil der Erde gar nicht gerechnet hatten.

Wir fahren weiter bis Dalcahue. Dort findet gerade ein riesiger Kunsthandwerkermarkt statt. Es werden sehr viele (leider für unseren europäischen Geschmack zumeist nicht besonders attraktive) Stricksachen, Wolle und viele Korb- bzw. Gräserflechtwaren angeboten. Diese Gräser wachsen nur hier auf der Insel und das Flechthandwerk hat eine lange Tradition.



Später kehren wir in einem sehr stylischen Café ein (ungewöhnlich hier, da auch Restaurants  etc.  meist nur sehr einfach eingerichtet sind), wo man uns monströs große Tortenstücke serviert. Wir schaffen beide unsere Portion nicht, es ist einfach zu viel des Süß-Cremigen. 


Mit der Fähre setzen wir auf eine kleine Insel über und fahren bis Anchao. Dort herrscht viel Trubel, und schon vom Campingplatz aus ist Musik zu hören. Ganz in der Nähe findet hier ein großes Volksfest statt. Auf der Bühne werden Volkstänze und traditionelle Musik dargeboten. Im Eingangsbereich gibt es wieder einen Kunsthandwerkermarkt. Hier erstehen wir bei einer Korbflechterin einen sehr schönen großen Korb. Weil sie nicht genügend Wechselgeld hat, nötigt sie uns dann statt dessen noch eine weitere, sehr schöne, große Schale auf. Wir zögern erst wegen des begrenzten Stauraums im Auto, können dann aber doch nicht widerstehen. Und es passt hinterher auch alles ins Auto.
An einer anderen Stelle wird gerösteter Weizen wie zu Urzeiten zwischen Steinen von Hand gemahlen. Daraus entstehen später frittierte Fladen. 



Eine weitere Spezialität ist ein Gebäck, dass in Geschmack und Konsistenz unseren Kartoffelpuffern sehr nahe kommt. Der Teig wird jedoch rund um eine riesige, nudelholzartiges Holzstange verteilt, fest angedrückt und dann langsam über einer Holzkohlenglut und unter ständigem Drehen  geröstet. Später kommt noch eine undefinierbare, salzige, aber leckere Beilage hinzu. Das Ganze hat sehr gut geschmeckt, war aber auch extrem fettig!


Auch Anticuches haben wir hier zum ersten Mal probiert. Das ist die chilenische Schaschlik-Variante, mit Fleisch- und Bratwurststücken und - Gemüse ist gesund! - ein paar winzigen  Zwiebelstückchen. Man soll es mit dem Grünzeug ja auch nicht übertreiben. Das Ganze grille man sehr, sehr langsam über einer fast erkalteten Holzkohlenglut (sofern einem die Kohlen bereits ausgegangen sind) und besprenge es gelegentlich mit Salzwasser. Wir haben extrem lange auf unsere kleinen Spießchen warten müssen, was aber wohl hauptsächlich am nicht mehr ganz nüchternen Grillmeister lag. 

Am nächsten Tag ging es wieder zurück auf die Hauptinsel und nach Castro, welches der größte Ort hier auf Chiloé ist. Entsprechend voll war es dann auch. Beeindruckend war auch hier wieder der hölzerne Dom, der von außen gelb angemalt ist und lila (!) Türme hat. Innen war das Holz hingegen naturbelassen, ein seltsamer Kontrast zur geradezu schrillen Fassade.


Eine weitere Besonderheit des Ortes sind die „Stelzenhäuser“, ehemalige Fischhütten direkt am Wasser. Die Fischer konnten mit ihren Booten tideunabhängig bis direkt ans Haus fahren.


Von hier aus ging es in den Westen der Insel in den Nationalpark Chiloé direkt am Pazifik. Der Campingplatz liegt versteckt in einem Waldgebiet an einem See, dem Lago Cucao. Von hier aus wanderten wir am Abend zum Meer, was deutlich länger dauerte, als erwartet, da der Stand hier unglaublich lang und breit ist. Von den letzten Dünen bis zu den Wellen war es gut und gerne noch einen Kilometer weit! So einen weiten Strand hatten wir bislang noch nirgendwo anders auf unseren Reisen gesehen.



Direkt am Campingplatz startet ein kleiner Wanderweg über Holzbohlen durch die hiesige sehr spezielle Vegetation. Der Bewuchs änderte sich immer wieder, von urwaldmäßig-undurchdringlich -tiefgrün zu sumpfig-moorigen, lichten Abschnitten. Eine wirklich beeindruckende Wanderung!



Danach ging es in den Süden der Insel bis Quellón. Von hier aus wollen wir mit der Fähre Richtung Osten nach Chaitén fahren, um dann doch noch ein Stückchen auf der zuvor wegen der Fährfahrt nach Puerto Montt größtenteils verpassten Carretera Austral mit ihren vielen schönen Nationalparks wieder nordwärts fahren zu können.
Der Campingplatz in Quellón bietet eine wunderbare Aussicht auf die Bucht und die hohen Vulkane auf dem Festland auf der anderen Seite. Hier haben wir leckeren frischen Lachs gebraten und ein köstliches Abendessen genossen.


Der nächste Tag bringt dann eine herbe Enttäuschung: Die Fähre nach Chaitén, die während der Hauptsaison (!) nur 2-3 mal wöchentlich fährt, ist bis auf weiteres für Fahrzeuge ausgebucht. Frühestens in zehn Tagen könnten wir mitfahren. Das ist uns dann doch zu viel der Wartezeit und die Carretera Austral muss auf uns verzichten (was vielleicht nicht das Schlechteste für unser Auto ist). 


Durch Zufall haben wir erfahren, dass auch Chris, die wir ganz zu Anfang der Reise auf der Halbinsel Valdéz in Argentinien kennengelernt hatten, gerade auf Chiloé ist, jedoch morgen schon weiter fährt. Wir verabreden uns für den nächsten Tag auf einem Campingplatz rund 80 km nordöstlich von Puerto Montt. 

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