Freitag, 29. Januar 2016

11.01. bis 20.01.2016: Zurück in Argentinien


Zurück in Punta Arenas nutzen wir die Zeit, um einige Vorräte aufzustocken und Anschaffungen zu tätigen. Leider war Thomas Handy kaputt gegangen, Ersatz musste her. Einigermassen günstig ist dies hier in der Zona Franca, einer Freihandelszone, möglich. Ansonsten ist hier in Südamerika Importware meistens teurer als in Europa. Ausserdem kennen wir in der Stadt vom letzten Besuch zwei Stellen mit gutem, schnellen WiFi, wo wir unseren Blog ergänzen, Mails schreiben, etc.. 
Elke suchte hier einen Zahnarzt auf, weil sie schon seit längerer Zeit leichte Beschwerden hat. Die Wände des Wartezimmers sind dicht an dicht mit Zertifikaten tapeziert. Das ist doch schon mal in gutes Zeichen! Leider hat Dr. Lepori keine guten Nachrichten, der Zahn müsste eigentlich am besten raus. Alternativ könne man es jedoch zuerst mit einem Antibiotikum versuchen. Nach Rücksprache mit der heimischen Zahnärztin entscheidet sich Elke für die "kleine" Lösung (Danke, Frau Off!) und schluckt die Pillen, die zwar keine vollständige Heilung, aber doch Besserung bringen. 

So sieht das Wartezimmer eines sehr qualifizierten Zahnarztes aus
Wir besuchen in Punta Arenas den Friedhof, der mindestens so berühmt ist wie der von Recoletta in Buenos Aires. Tatsächlich gibt es hier viel mehr Grün, was die Atmosphäre doch etwas angenehmer macht. Auch einige alte Gräber von deutschen Einwanderern mit deutsch beschrifteten Grabsteinen finden wir hier.



Grab deutscher Einwanderer
Zuletzt statten wir einem Schiffahrtsmuseum einen Besuch ab. Schon oft hatten wir im Vorbeifahren den Nachbau der "Nao Victoria" gesehen, eines der Schiffe, mit dem einst im frühen 16. Jahrhundert Magellan diese Region entdeckte. Aus der Ferne wirkte es wie eine unproportionierte Nussschale, der man eine solche Fahrt kaum zutrauen würde. In direkter Nähe ist es dann doch etwa größer. Da man scheinbar nicht darauf vertraut, dass die reine Seefahrtsgeschichte Besucher anlockt, werden dort mit Puppen kleine Alltagsbegebenheiten in Szene gesetzt.
Nachbau der "Nao Victoria"
Auf dem Gelände ist auch noch ein Nachbau der "Beagle" in Arbeit, dem Schiff, mit dem Darwin einst seine Südamerika-Fahrt unternahm. Auf den ersten Blick schön anzusehen, sind wir dann doch etwas enttäuscht von der etwas lieblosen Gestaltung der Kajüten mit Nut-und-Feder-Brettern und Pressspanplatten im Inneren des Rumpfes. Allzu eng scheint man es hier mit der historischen Exaktheit nicht zu sehen. Ein einsamer Arbeiter ist zu sehen, der zur Zeit mit einem Beiboot der Beagle beschäftigt ist. Das ganze Projekt scheint eine Lebensaufgabe zu sein! 

Baustelle der "Beagle"
Wir fahren nordwärts und passieren nach etwa zwei Stunden den Paso Integral Austral, die Grenze nach Argentinien. In der Ferne sind wieder die längst verlöschten Vulkane des Nationalparks Pali Aike zu sehen. Auf der argentinischen Seite machen wir einen kleinen Abstecher zur Laguna Azul, die unbeachtet moderner Landesgrenzen auch zu diesem urzeitlichen Vulkanfeld gehört.

Lago Azul - leider war der Himmel wolkenverhangen
Unsere nächste Station ist Rio Gallegos am Atlantik. Um nicht den selben Weg zurück fahren zu müssen, haben wir nämlich beschlossen, uns nun doch noch die südliche Atlantikküste anzusehen, die wir auf dem Hinweg nach Feuerland bereits in Comodoro Rivadavia Richtung Westen verlassen hatten. 
Die recht grosse Stadt macht jedoch einen wenig einladenderen Eindruck, so dass wir uns hier nicht lange aufhalten. Eine Nacht verbringen wir notgedrungen auf einem überteuerten, relativ ungepflegten Campingplatz mit einem noch ungepflegterem Campingplatzwart, auf dem wir die einzigen Gäste sind. Wir haben in der Stadt unsere Wäsche in einem Waschcenter abgegeben und können diese erst am nächsten Tag abholen. 

Am 14. Januar erreichen wir den Nationalpark Monte Leon. Woher er seinen Namen hat, erkennen wir bereits bei der Anfahrt:  Ein markanter, großer Felsen sieht tatsächlich aus wie ein Löwenkopf!

Monte Leon

Wir erreichen eine wunderschöne Steilküste aus hellgelbem Sandstein. Kaum 100 Meter vom Festland getrennt, erhebt sich eine kleine Insel, von der es laut kreischt und ein penetranter Geruch ausgeht: Es ist die Kormoran-Insel, auf der natürlich massenhaft Kormorane, aber auch andere Seevögel ihre Heimat gefunden haben. Der Geruch kommt vom Guano, dem Kot der Vögel, der hier über viele Jahrzehnte professionell "geerntet" wurde, bis Kunstdünger die Nachfrage sinken lies und die Vögel ihr Eiland wieder ungestört bewohnen konnten.

Die Kormoraninsel


Am Abend, bei Ebbe, können wir uns auf den trocken gefallenen Strand wagen und bis zur Insel laufen. Im milden Abendlicht ergeben sich viele schöne Ausblicke und Fotomotive. 




Bei einem frühen Morgenspaziergang entdecken wir ein Seelöwenpärchen. Es liegt am Strand und sonnt sich. Beim Näherkommen sieht man allerdings, dass das Weibchen leider tot ist. Es sieht so aus, als ob der Bulle die ganze Zeit bei ihr geblieben ist, um sie zu wärmen. 


Das Wetter hier ist wunderbar! Obwohl wir nur etwa 300 km von Feuerland entfernt sind, ist es hier mild und sonnig. Gerne würden wir länger bleiben, aber es ist Freitag, und schon gegen Mittag kommen die ersten Einheimischem und lassen mit laut aufgedrehten Autoradios und knatternden Motoren erahnen, dass die kommende Nacht hier nicht so ruhig wie die vorige sein wird. Also brechen wir unsere Zelte wieder ab, wollen aber noch die beiden anderen Highlights des Nationalparks besuchen. Auf dem Felsen, den wir als den gestern in der Ferne erblickten Löwenkopf wiedererkennen, sonnen sich - wie passend! - etliche Seelöwen. Es ist Hochwasser, und die Tiere haben sich an die höchsten Stellen des recht steilen Felsens zurück gezogen. Doch nichtsdestotrotz lassen sich immer wieder einzelne Tiere ins aufgewühlte Wasser gleiten, drehen ein paar Runden, um anschließend, geschickt die Wellen nutzend, wieder den Felsen hinauf zu hechten. Nicht jedes Manöver gelingt und man benötigt häufig mehrere Versuche, bis es klappt. Viele Tiere bluten auch aus Schürfwunden, die sie sich hierbei an dem rauen Felsen zugezogen haben. Manchmal werden ganze Seelöwengruppen von einer plötzlichen sehr hohen und starken Welle unvermittelt ins Meer gerissen. Lange Zeit beobachten wir dieses faszinierende Schauspiel. 

Ein etwas unruhiger Platz zum sonnen

Mit der einen Welle werden die Tiere ins Meer gespült
Mit einer anderen Welle werden sie hoch auf den Felsen getragen
Über einen etwa zwei Kilometer langen Fußweg erreichen wir danach die hiesige Kolonie von Magellan-Pinguinen. Wir haben uns sehr auf die Pinguine gefreut, denn inzwischen müssen die Jungen, die wir bisher nur als kleine Küken gesehen hatten, schon ein ganzes Stück gewachsen sein. Und tatsächlich haben sie eine stattliche Größe erreicht, fast schon wie ihre Eltern. Die Jungen sind größtenteils allein am Nest, denn die Eltern sind unterwegs auf Futtersuche im Meer. Dabei legen sie bis zu 50 km zurück und tauchen bis zu 80 Meter tief! Das flaumige Federkleid der Jungen ist noch nicht wasserfest imprägniert wie das der Eltern, weshalb sie trotz ihrer Größe noch nicht selbst auf die Jagd gehen können.  Das Fehlen der Alten, die während ihrer Abwesenheit ihre Jungen nicht beschützen können, wirkt sich jedoch fatal aus: Wir sahen unglaublich viele tote Jungtiere, die eine leichte Beute für große Seevögel, kleinere Säugetiere und sogar Pumas sind. Fast erstaunte es, dass es unter diesen Umständen überhaupt Überlebende gibt, denn auch von den Alten kommt nicht jeder heil zurück, wie etliche Kadaver am Strand belegten. So war diese für uns voraussichtlich zunächst letzte Pinguin-Kolonie auf dieser Reise leider kein ganz so schönes Erlebnis. 


Für die Möwen und anderen Raubvögeln sind die toten Pinguine ein gefundenes Fressen
Die Nacht verbringen wir auf dem Campingplatz auf der Isla Pavon, einer malerischen, sehr grünen Flußinsel. Jetzt ist es richtig sommerlich geworden, 28 Grad zeigt das Thermometer. Entsprechend voll ist der Campingplatz und die unvermeidliche Beschallung aus diversen Autoradios fehlt auch hier nicht. Immerhin ist es ab dem späten Abend jedoch ruhig, so dass wir gut schlafen können.

Am nächsten Tag ist es wieder trübe und kühl, als wir in Puerto San Julian ankommen. Laut Reiseführer soll es durch seine „Kunstfilm-Athmosphäre“ bestechen, die sich uns jedoch nicht erschließt. Es wirkt einfach nur langweilig. Darüber kann auch ein grellbunter weiterer Nachbau der „Nao Victoria“ nicht hinweg täuschen. Immerhin kann der Ort für sich in Anspruch nehmen, dass Magellan hier 1520 als erster Europäer angelandet ist.

So geht es recht flott weiter über die Ruta 3 und dann eine Schotterstraße entlang bis zu einem Campingplatz kurz vor dem Nationalpark Monumento Natural Bosque Petrificados. Was für ein Platz! HIER könnte man tatsächlich einen Kunstfilm drehen! Diverse uralte Fahrzeuge rosten auf staubigem Boden vor sich hin. Im Hintergrund bauen sich bedrohlich wirkende, tiefschwarze Gewitterwolken über den Bergen des Nationalparks auf. Das alles wird von der tiefstehenden Sonne malerisch beleuchtet. Wow!



Am nächsten Tag besuchen wir den Nationalpark mit den versteinerten Bäumen. Anders als in Sarmiento, wo wir vor einigen Wochen waren, haben sich hier vor etwa 150 Mio. Jahren Vulkanausbrüche ereignet, die die Urzeit-Wälder unter dicken Ascheschichten bedeckten. Auch hier minimalisierte sich das organische Material und wurde irgendwann durch Erosion wieder freigelegt. Hier liegen stattliche Baumriesen mit bis zu drei Metern Durchmesser und 35 Metern Länge. Ein beeindruckender Anblick inmitten dieser Mondlandschaft!


Schließlich fahren weiter bis Puerto Deseado am Atlantik. Wie überall an der Küste ist auch hier wieder kein frischer Fisch zu bekommen, obwohl es einen großen Fischereihafen gibt. Es wird alles sofort weiterverarbeitet und abtransportiert. Im Supermarkt gibt es dann nur Tiefkühlware. Sehr schade! Argentinien ist halt das Land des Rindfleisches. 
Leider macht unser Auto seit ein paar Tagen wieder Probleme. Vorne an der Stoßstange ist eine Schraube gebrochen und da an dieser nicht nur die Seilwinde, sondern auch noch die Bodenbleche befestigt sind, ist das Fahrzeug etwas aus dem Gleichgewicht. In der Windschutzscheibe hat sich dadurch ein Spannungsriss gebildet. So vermuten wir jedenfalls. Wir finden eine Werkstatt, wo man sich zu dritt mit Elan an die Arbeit macht. Es ist viel Kraftaufwand nötig, um an die gebrochene Schraube heran zu kommen und um sie dann lösen und eine neue einschrauben zu können. Nach etwa zwei Stunden und unter Zuhilfenahme unseres Wagenhebers ist es dann endlich geschafft. Der Chef will zu morgen noch eine neue Windschutzscheibe bestellen. Das klappt dann aber, wie sich anderntags heraus stellt, doch nicht, weil es unser Fahrzeugmodell in Argentinien nicht gibt und die Scheibe deshalb importiert werden müsste. Das wäre dann doch ein zu großer und teurer Aufwand. 



Am 20. Januar fahren wir viele Stunden bei hochsommerlichen 34 Grad schnurgerade vom Atlantik durch die karge argentinische Pampa westwärts bis Los Antiguos, kurz vor der chilenischen Grenze am Lago Buenos Aires. Dies ist die „Hauptstadt der Kirschen“, ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem durchzieht die Stadt mit ihren Gärten und Kirschplantagen. Natürlich erstehen auch wir hier ein Kilo der gerade reifen und sehr leckeren Früchte!

Hier verbringen wir nun die für längere Zeit letzte Nacht auf argentinischem Boden.






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